Professionelle im Quartier

Wie Professionelle im Quartier Nachbarschaften stärken und dabei selbst gewinnen

Professionelle im Quartier sind wesentlicher Bestandteil des Netzwerkes, mit dem sich eine Familie, aber auch ein Seniorenpaar oder eine alleinstehende Einzelperson entlastet.

Und wenn privates/individuelles und professionelles Engagement im Quartier zusammen kommen, gewinnen alle Beteiligten (Sorgende Gemeinschaft).

Warum dies in den kommenden Jahren unabdingbar notwendig werden wird, lesen Sie unter Grundlagen & Hintergründe.

Potenziale in nachbarschaftlichen Netzwerken.

Nachbarschaften tragen seit jeher zur Entlastung und Stabilisierung von familiär-verwandtschaft­lichen Netzwerken bei durch alltägliche, unentgeltliche Hilfen. Wenn auch diese Unterstützungsleis­tungen in den zurückliegenden Jahrzehnten rückläufig waren, so liegen hier doch große Potentiale für ein entlastendes und bereicherndes Miteinander im Quartier – zum Gewinn für alle Beteiligten.

Kommerzielle Professionelle

Waschen und Bügeln kann man an einen Reinigungsdienst delegieren, einen defekten Reißverschluss an der Jacke repariert der Schneider und die kaputte Türklingel der Elektriker, die Geburtstagstorte macht der Bäcker und das Brot sowieso. Ob Einzelperson oder Familie – bei allen spielen Dienstleister eine große Rolle zur Bewältigung des Alltags. Und beide Seiten haben ihren Gewinn davon: die einen zeitliche Entlastung, die anderen einen unmittelbaren wirtschaftlichen Gewinn in Euro.

Soziale Professionelle

gehören genauso zu diesen Entlastungsnetzwerken: die Unter-Dreijährigen-Betreuung (U3), Kita und Schule, die psychologische Beratungsstelle, Vereine, offene Begegnungsstätten und Mehrgenerationenhäuser mit ihren Angeboten, der Hausnotruf, die Tagespflegegruppe für Senioren, Betreutes Wohnen, Demenzgruppen, usw.

Der Gewinn für die eine Seite ist wieder eine zeitliche Entlastung, aber für die Seite der sozialen Akteure, da sie oft mit öffentlichen Mitteln finanziert sind, nur differenziert zu beschreiben. Der nachhaltigste Gewinn ist sicherlich, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des Gemeinwesens leisten, also neben der Stärkung und Entlastung Einzelner zur Lebensqualität und zur Vermeidung von sozialen Problemen im Quartier beitragen. Eine solche Art und Qualität der Arbeit sichert öffentliche Zuschüsse, insbesondere auch dann, wenn sie Lösungswege nicht nur für aktuelle, sondern auch für kommende soziale Herausforderungen bietet.

 

Wie Professionelle Nachbarschaften stärken können und dabei gewinnen.

Dies erfordert neue Denk- und Handlungswege.

Beispiel kommerzielle Professionelle

Der Bäckerladen mit Cafébereich will Brötchen, Kaffee, etc. verkau­fen, denn das sichert seine Existenz. Warum sollte er also z.B. das generationenü­bergrei­fende Miteinander in seinem Quartier fördern – und wenn ja: wie?

Vielleicht, weil der Inhaber selbst betagte (Schwieger-)Eltern hat und froh und entlastet ist, weil er weiß, dass auch Nachbarn nach diesen schauen. Oder aus sozialer Verantwor­tung als Unternehmer. Berechtigterweise aber auch deshalb, weil er dann mehr verkaufen kann.

Und wie kann der Bäcker ein generationenübergreifendes Miteinander fördern?

Zum einen tut er das schon, denn zum Bäcker kommen generationen-, kultur- und milieuübergrei­fend Bewohner aus dem Quartier, kommen in Kontakt und ins Gespräch, treffen sich immer wieder einmal – was eine gute Voraussetzung zum Aufbau gutnachbarschaftlicher (Unterstützungs-)Bezie­hungen ist.

Zum anderen kann er eine generationenfreundliche Infrastruktur bereitstellen, angefangen von einer guten Zugänglichkeit mit Kinderwagen und Rollator über eine Kinderspielecke im Cafébereich, die es Müttern mit kleinen Kindern und Omas mit ihren Enkeln ermöglicht, nicht nur eine schnelle Brezel fürs Kind zu holen, sondern auch selbst eine Tasse Kaffee und ein süßes Teil zu genießen, während das Kind spielen kann und vielleicht auch noch ein zweite Brezel isst.

Wenn auf diese Weise eine ältere Dame mit einer allein erziehenden Mutter in Kontakt kommt, daraus mit der Zeit eine Beziehung wächst und Bereicherung für die ältere Dame entsteht („Oma“ sein können) und eine Entlastung für die Mutter (entspannte Zeit für mich oder für Berufstätigkeit), so ist viel gewonnen. Zu einem Bäcker mit einer solchen Atmosphäre und einem solchen Ruf geht man gerne einkaufen oder einen Kaffee trinken. (Weitere Möglichkeiten siehe unter Kommerzielle Professionelle im Quartier – Potential-Check & Ideen)

 

Beispiel soziale Professionelle

Warum sollte ein Kindergarten das generationenü­bergrei­fende Miteinander in seinem Quartier fördern – gehört doch gar nicht zum Kernauftrag. Und wenn ja: wie? (Möglichkeiten siehe unter Soziale Professionelle im Quartier – Potential-Check)

Auch in den Kindergarten kommen generationen-, kultur- und milieuübergrei­fend Bewohner aus dem Quartier und damit ein vielfältiges Potential – z.B. der ältere Herr, der immer seinen Enkel bringt und abholt und sichtlich Freude mit Kindern hat. Warum diesen Herrn nicht einmal fragen, ob er Interesse hat, einige Stunden pro Woche im Kindergarten zu helfen, z.B. kleine Reparaturen ausführen. Die klemmende Schublade, die quietschende Tür, das lose Rad am Puppenwagen – all dies könnte er reparieren, zusammen mit einem Kind, das gerade mal eine „Auszeit“ aus der Gruppe braucht und für das er die Zeit und die Nerven hat, die die Erzieherin mit über 20 Kindern in der Gruppe im Moment nicht aufbringen kann. Alle Beteiligten gewinnen: die Erzieherin und die Kinder sind entstresst, sowohl in der Gruppe als auch das Kind draußen. Und es hat zusätzlich Freude mit dem „Opa“ und dieser mit dem Kind und zusammen freuen sie sich, dass der Kinderwagen nun wieder richtig fährt. Gut möglich, dass dies auch einen positiven Ruf der Einrichtung stärkt.

Und wie wäre es, Frauen, die gerade nicht arbeiten oder in Rente sind, dafür zu gewinnen, einen Offenen Begegnungsbereich im Kindergarten aufzubauen und zu betreuen, wo Eltern und Großeltern miteinander in Kontakt und ins Gespräch kommen können? Kinder und Gespräche über diese sind ganz hervorragende Kontaktbrücken und Gesprächserleichterer. Die Chance, dass darüber auch nachbarschaftliche Kontakte im Quartier entstehen und wachsen, ist groß – und auch die Chance, dass sich daraus Entlastungs- und Unterstützungsbeziehungen unterschiedlichen Grades ergeben können. Der ältere Herr aus dem übernächsten Haus bringt dann nicht nur seinen Enkel, sondern das Kind der berufstätigen Nachbarin in den Kindergarten – und diese kann entstresster zu ihrer Arbeit gehen.

Natürlich: Führungszeugnis, Versicherung, Hygienevorschriften, etc. müssen bedacht, geregelt und eingehalten sein. Aber das dürfte nicht das Problem sein – und hoffentlich auch nicht der Aufwand für das „Neue denken“ und dessen Umsetzung bei Verantwortlichen.

 

Zukunft sichern

Geschäfte/ Betriebe/ Dienstleister: Wer möchte nicht in einem Quartier ein Geschäft betreiben, arbeiten und leben, in dem ein gutes soziales Miteinander herrscht und das deshalb einen guten Ruf hat.

Soziale Professionelle: Gleichgültig ob Kita, Begegnungsstätte, Quartiersarbeit, etc. – soziale Einrichtungen im Quartier erhalten ihre Finanzmittel dafür, dass sie das Gemeinwesen, im dem sie verortet sind, positiv mitgestalten, auch in Hinblick auf kommende soziale Herausforderungen.

Und so ist es sehr wahrscheinlich, dass es  -im Kontext des demographischen Wandels und den sich daraus ergebenden Herausforderungen für die Kommune/das Gemeinwesen-  in Zukunft Querschnittsaufgabe aller sozialen Einrichtungen wird:

  • einen Beitrag zur Entlastung des familiär-verwandtschaftlichen Netzwerkes zu leisten
  • einen Beitrag zu leisten, um älteren Mitbürger/innen sinnstiftende und damit gesund erhaltende Tätigkeit zu ermöglichen
  • einen Beitrag zu einem konstruktiven Miteinander der Generationen zu leisten – zum Spannungsabbau / generationengerechten Ausgleich zwischen den Generationen und damit einen Beitrag zum sozialen Frieden unter den Generationen – ein Beitrag zur Bewältigung einer der gesamtgesellschaftlichen Großherausforderungen der kommenden Jahrzehnte.

Das Einbeziehen von Kompetenzen und Ressourcen von Senioren

  • erhöht die Attraktivität der Einrichtung durch die Fähigkeiten und Erfahrungen dieser Personen und damit die Angebotsmöglichkeiten und das Handlungsspektrum der Einrichtung – und dieser Ansatz gewinnt zur politischen und damit auch finanziellen Absicherung der Institution in Zukunft an Bedeutung
  • verringert auf Dauer die Belastung von Hauptberuflichen in der Einrichtung – wenn ein Konzept zur Ehrenamtspflege in der Einrichtung vorhanden ist und praktiziert wird.
  • Duch Einbeziehung aller Generationen wird Ihre Einrichtung  attraktiver- für Ihr Kernklientel und für ehrenamtliches Engagement